Thomas Wipfli
Bei der paradoxen Intervention wird ein problematisches Verhalten gefördert und dazu angeregt, genau dies weiterhin zu tun bzw. zu intensivieren. Wenn Menschen dazu animiert werden, ihr problematisches Verhalten fortzusetzen, neigen sie oft dazu, sich auf eine neue Verhaltensweise einzulassen. Eine neue Verhaltensweise – oft sogar eine absurde oder unkonventionelle – kann möglicherweise die vorhandene Blockierung aufheben.
Ein Chef, der z.B. seinen Mitarbeiter ständig überwachen und kontrollieren möchte, bekommt die Aufgabe, es gezielt zu tun: „Nehmen Sie sich täglich ein bis zwei Stunden Zeit, um Ihren Mitarbeiter genauestens zu kontrollieren und seine Arbeitsleistung zu überwachen!“ Die ursprüngliche Verhaltensweise wird bestärkt, doch Zeitpunkt, Ort oder Kontext, in dem sie stattfindet, werden verändert.
Dieses Vorgehen beruht auf der von Viktor Frankl im Jahre 1939 beschriebene Methode der paradoxen Intention. Diese Technik wurde im Laufe der Zeit von vielen Psychologen aufgegriffen und irgendwann umbenannt in paradoxe Intervention. Er verordnete genau die Verhaltensweisen und Symptome, vor denen sich seine Klienten fürchteten. Einem Mann, der an Schlaflosigkeit litt, riet er dazu, absichtlich wach zu bleiben und sich nur auszuruhen. Der Mann versuchte dies und schlief ein. Paradoxe Interventionen eignen sich daher insbesondere für chronische Probleme und völlig verhärtete Situationen.
Auch in der Mediation und besonders bei festgefahrenen Gesprächen können paradoxe Interventionen auf eine sehr wertschätzende und humorvolle Art angewandt werden. So wird der Klient bestärkt, sein Verhalten unbedingt beizubehalten, und ihm werden scherzhaft die möglichen positiven (und absurden) Folgen seiner Handlungen ausgemalt. Ziel ist es, den Parteien ein Lächeln zu entlocken und es wird ihnen ermöglicht, die Absurdität ihrer Verhaltensweisen zu erkennen. Die Gespräche werden dadurch neu belebt und der Weg, zu einer gemeinsamen Lösung, ist wieder offen.
Wir von entflechten.ch bilden uns regelmässig weiter, um unseren Methodenschatz zu vergrössern.
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